x_Backup_Neujahrsschreiben2016

x_Backup_Neujahrsschreiben2016

Hier sehen Sie die erweiterte Fassung zum Neujahrsschreiben 2016 an die Buxtehuder Bürgermeisterin Frau Oldenburg-Schmidt sowie an die Mitglieder des Buxtehuder Stadtrates. Das Schreiben wurde in einer Kurzfassung (pdf) versand, deren Passagen auf dieser Seite kursiv und farblich hervorgehoben sind. Weiterführende Erläuterungen sind in schwarzer Schrift dargestellt. Sie können diese Internetseite hier als pdf ansehen und ggfs. ausdrucken.


Sehr geehrte Damen und Herren,
wie bereits in den letzten Jahren wenden wir uns auch jetzt wieder an Sie mit Ideen und Anregungen zur kommunalen Energiewende. Wir bedanken uns bei Ihnen, dass viele der vergangenen Vorschläge – auch durch Ihre Unterstützung  – angeschoben oder schon realisiert werden konnten. Auch 2016 halten wir es für wichtig, weiterhin „am Ball zu bleiben“.

1.
Mit Einstellung einer Klimaschutzmanagerin sind jetzt die Umsetzung des Klimaschutz¬konzepts sowie die Veröffentlichung jährlicher Klimaschutzberichte möglich. Unter anderem muss hierbei die Unterstützung betrieblicher Aktivitäten im Fokus stehen. Die vom Umwelt¬ausschuss (ASOU) anvisierte Bereitstellung von jährlich 100.000 Euro begrüßen wir.

Finanzmittel werden sowohl zur Finanzierung von Anreiz- und Förderprogrammen benötigt als auch für verschiedene weitere Maßnahmen, die im Klimaschutzkonzept genannt sind.
Eine kurze Übersicht der Maßnahmen ist auf Seite 53 des Buxtehuder Klimaschutkonzepts (pdf hier anklicken – Es dauert einen Moment) zu finden. Schon im Neujahrsschreiben 2015 haben wir eine deutlich stärkere Einbindung der Wirtschaft sowie Mitwirkung bzw. Initiierung eines kommunalen Energienetzwerks als wichtige Maßnahme genannt: Die Buxtehuder Wirtschaft weist hohe Energie-Einsparpotenziale auf, die mit dem Energie- und Klimaschutz-Konzept nicht ausreichend erschlossen werden. Der „Nationale Aktionsplan Energie-Effizienz“ der Bundesregierung sieht sowohl die Schaffung von 500 neuen Energie-Netzwerken als auch die Unterstützung von Kommunen in dieser Frage vor.
Die jährliche Veröffentlichung eines Klimaschutzberichts ist in Kapitel 7.1 des Klimaschutzkonzepts genannt.

2.
Wir begrüßen die Errichtung von drei Windkraftanlagen in Immenbeck (eine davon mit breiter Bürgerbeteiligung) sowie einen möglichen Ausbau der Windkraft in Daensen, der die Belange von Anwohnern und Naturschutz angemessen berücksichtigt.

Nach längeren Verzögerungen im Genehmigungsverfahren werden derzeit in Immenbeck drei Windkraftanlagen errichtet. Bei einer dieser Anlagen konnte über die Bürgerenergie Buxtehude Genossenschaft eine breite Bürgerbeteiligung ermöglicht werden. Wir hoffen, dass 2016 in Daensen der Ausbau des Windkraftpotenzials unter Berücksichtigung eines ausreichenden Anwohner- und Naturschutzes möglich ist. Ab 2017 ändern sich die EEG-Förderbedingungen dergestalt, dass die Errichtung unrentabel werden könnte.

3.
Seit 1.1.2016 beliefern die Stadtwerke Buxtehude (SWB) alle Kunden in (Privat-) Haushalts- und Kleingewerbe-Tarifen mit 100% Ökostrom (www). Dass bedeutet, dass die allermeisten Strom-Kunden der Stadtwerke ausschließlich mit Ökostrom beliefert werden, unabhängig davon, welchen Vertrag sie haben. Ausgenommen von dieser Regelung sind allerdings industrielle Großverbraucher und der Wärmepumpentarif.

Die Betreiber der Ökostromanlagen sind mit der Kernenergiewirtschaft gesellschaftlich nicht verbunden. Die Ökostrom-Belieferung erfolgt auf Basis von Ökostrom-Zertifikaten (www), die allerdings in der Umweltbewegung stark umstritten sind. SWB-Kooperationspartnerin ist dabei die KLIMAINVEST GmbH, die verschiedene Ökostrom-Modelle anbietet.

Die Beschaffung norwegischer Ökostrom-Zertifikate für die Versorgung aller Haushalts- und Kleingewerbe-Kunden der Stadtwerke (SWB) ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch fehlt leider regional erzeugter Strom im SWB-Programm. Die Selbstverpflichtung zur Investition in hiesige Energieprojekte fällt mit 20.000 Euro so gering aus, dass das unbedeutend ist. Andere Strom-Anbieter bieten wesentlich „ehrgeizigere“ Ökostromtarife, die den regionalen Ausbau erneuerbarer Energien an­gemessen berücksichtigen und gezielt unterstützen.

Es ist daher dringend erforderlich, dass die Stadtwerke ihren Kunden (zusätzlich zur Basis-Ökostrom-Belieferung) einen speziellen Ökostrom-Tarif als Option anbieten, der einen echten Mehrwert für den Ausbau regenerativer Energien hat und der die regionalen Aspekte stärker berücksichtigt.

Wichtige Kriterien sind dabei insbesondere

  • die Selbstverpflichtung zur Investition von mindestens 1 ct/kWh in neue regenerative Anlagen (SWB derzeit: 0,025 ct/kWh),
  • die Sicherstellung dass der Ökostrom aus Neuanlagen stammt und
  • der Abschluss von Lieferverträgen direkt mit (möglichst regionalen) Ökostrom-Erzeugern.
  • Sicherstellung der „zeitgleichen Stromeinspeisung“, d.h. dass sich der zeitliche Verlauf der Stromeinspeisung nach dem Verbrauchsprofil der Kunden ausrichtet.

Gute Beispiele für Ökostrom sind bei den von den Umweltverbänden empfohlenen Anbietern (www) zu finden. Nicht ganz so anspruchsvolle (aber immer noch vernünftige) Ökostromtarife bieten außerdem die aktuelle SWB-Kooperationspartnerin  KLIMAINVEST GmbH mit dem "Ökostrom PLUS" sowie die ehemalige SWB-Kooperationspartnerin EWE mit ihrem Ökostrom in Premium-Qualität (www)  an. Über die SWB sind diese Ökostromtarife leider nicht zu bekommen. Eine gute Übersicht und Bewertung von Ökostrom-Angeboten ist hier (www.marktwaechter-energie.de) zu finden. Dort ist unter Punkt 6 das höchstwertige Produkt „Ökostrom PLUS“ der Firma KLIMAINVEST ausführlich dargestellt, die Lieferantin der Buxtehuder Ökostromnachweise ist. Der in Buxtehude verkaufte „Ökostrom RE“ hat jedoch einen wesentlich geringeren Mehrwert für die Energiewende.

Für das Buxtehuder Ökostrom-Angebot der SWB sind folgende Komponenten von besonderer Bedeutung:

Ausführliche Erläuterungen zur Abbildung:
Das Wichtigste zunächst in Kürze: Ökostrom-Tarife basieren in der Regel auf Ökostrom-Zertifikaten (die in der Umweltbewegung stark umstritten sind) und/oder auf Direkt-Verträgen mit Ökostrom-Produzenten (oder auf Eigen-Produktion). EEG-Strom bekommen dagegen deutschlandweit alle Haushalte geliefert – unabhängig davon ob sie Ökostrom, oder Graustrom kaufen. Wichtiges Kriterium für den positiven Effekt des Ökostroms für die Energiewende ist der Umfang der Zusatzmaßnahmen.

  • Die SWB beziehen den gesamten Strom an der Strombörse. Dabei handelt es sich um sogenannten Graustrom. Es gibt keinen Bezug zu bestimmten Erzeugungsanlagen. Der Strom stammt aus allen beliebigen Anlagen innerhalb und außerhalb Deutschlands also auch aus AKWs und Kohlekraftwerken.
  • Viele Ökostromproduzenten verkaufen ihren Ökostrom nicht über direkte Lieferverträge. Stattdessen wird er als Graustrom an der Börse (siehe oben) verkauft. Zusätzlich dürfen sie jedoch Ökostrom-Herkunftsnachweise (bzw. -Zertifikate) für die erzeugten Strommengen ausstellen. Diese Zertifikate werden zentral registriert, um Missbrauch (z.B. Mehrfachverwendung) auszuschließen. Die Zertifkate werden unabhängig vom verkauften Graustrom gehandelt und kosten nur sehr wenig.
    Der Käufer der Zertifikate (z.B. die SWB) kauft in der Regel also nicht den Graustrom des Ökstromanbieters sondern lediglich die Zertifikate. Der Käufer der Ökostromzertifikate kann dann seinen (auf anderem Weg) eingekaufen Graustrom als Ökostrom deklarieren. Die Stadtwerke Buxtehude kaufen die Ökostrom-Zertifikate für einen sehr geringen Preis. Dabei kooperieren sie mit einem weiteren Beteiligten, der Firma KLIMAINVEST GmbH, die das Verfahren hier (www) beschreibt.
    Neben den Alpenländern beteiligt sich besonders Norwegen an diesem System, denn 98% der dortigen Stromproduktion erfolgt mit Wasserkraft. Mit den Ökostrom-Zertifikaten verkauft Norwegen sozusagen die Ökostrom-Eigenschaft seiner Stromproduktion. Deshalb besteht der bilanzielle Strommix in Norwegen mitlerweile zu über 30% aus Atomkraft, obwohl es  dort gar kein AKW gibt. Ähnliches verhält es sich mit dem bilanziellen Kohlestrom, der in Norwegen bei fast 50% liegt, obwohl es nur ein einziges Kohlekraftwerk gibt. Siehe hierzu auch den Bericht des WDR-Magazins "Markt" (www).  Die Beschaffung von Ökostrom-Zertifikaten wird erst dann zu einem nenenswerten Mehrwert für die Energiewende führen, wenn in ferner Zukunft die Nachfrage nach Ökstrom-Zertifikaten so groß ist, dass alle ausländischen Anlagenkapazitäten ausgeschöpft sind. Besonders beim Einkauf von Ökostromzertifikaten muss deshalb der Mehrwert für die Energiewende durch die Schaffung zusätzlicher Bedingungen sichergestellt werden (siehe oben: Investitionsverpflichtung für Neuanlagen; Sicherstellung  dass der Strom nur aus Neuanlagen stammt, Direktlieferverträge mit Ökostromerzeugern usw.). Das liegt aber in Verantwortung und im freiwilligen Entscheidungsbereich des Stromanbieters. Wir wünschen uns, dass die Stadtwerke Buxtehude in diesem Punkt künftig ehrgeiziger werden. In einem nächsten Schritt schlagen wir vor, einen zusätzlich Ökostrom-Tarif zu entwickeln und als zusätzliche Ökostrom-Option anzubieten.
  • Wenn über das Ökostrom-Angebot eines Energieversorgers gesprochen wird, dann geht es oft nur um den Anteil der Stromlieferung, der nicht EEG-Strom ist.
    Der EEG-Strom stammt nämlich ohnehin aus erneuerbaren Energien in Deutschland und muss von fast jedem Stromkunden bezahlt werden. (EEG-Umlage; Großzügige Ausnahmeregelungen gibt es für die Stromintensive Industrie.) Wie hoch die EEG-Anteil ist, ist für jeden – also auch für reine Graustrom-Kunden – aus der Rechnung des Stromversorgers (z.B. SWB) ersichtlich.
    Die meisten deutschen Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien, finanzieren sich über das EEG. Sie dürfen dann keine Ökstrom-Zertifikate ausstellen. Sollten die Buxtehuder Stadtwerke neu errichtete Windräder in Daensen erwerben, wird deren Ertrag voraussichtlich vollständig als EEG-Strom verkauft. Für Buxtehuder ist bislang keine Möglichkeit vorgesehen, hiesig erzeugt Strom zu bekommen. 
    Der von Ökostrom-Anbietern vertriebene Ökostrom basiert überwiegend auf ausländischen Ökostrom-Zertifikaten.
  • Mit einer Selbstverpflichtung zur Investition eines bestimmten Geldbetrages je verkaufter kWh Ökostrom wird der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert. Bei dem von den SWB vertriebenen "KLIMAINVEST Ökostrom RE" werden 0,025 ct/kWh in den Ausbau erneuerbarer Energien oder in ein Klimaschutzprojekt im SWB-Liefergebiet investiert. Umgerechnet auf einen Privathaushalt ergibt sich maximal 1 Euro pro Jahr. Aufgrund der geringen Investitionshöhe tendiert der Mehrwert für die Energiewende quasi gegen Null. Andere Ökostromanbieter geben dagegen Investititionsverpflichtungen in 40-facher Höhe (1 ct/kWh) und mehr ab.
  • Wie bereits mehrfach erwähnt, könnten die SWB auch direkt mit Ökostrom-Produzenten Lieferverträge abschließen und diesen Strom dann als Ökostrom weitervertreiben. Von dieser Möglichkeit machen die SWB bislang keinen Gebrauch. Außerdem könnten die Stadtwerke auch den in eigenen Anlagen erzeugten Ökostrom -statt per EEG- an ihre Stromkunden verkaufen. Ein Nutzen für die Energie-Wende wird allerdings in den Fällen fragwürdig, wenn Direktlieferverträge für 100 Jahre alte, deutsche Wasserkraftwerke geschlossen werden.

Wir warnen davor, den Ökostrom-Bezug als Argument für einen sorglosen Verbrauch anzusehen (Rebound-Effekt-www.zeit.de). Denn die Energiewende wird nur gelingen, wenn der Stromverbrauch insgesamt sinkt.

Nach Auskunft der Firma KORIS, die das Buxtehuder Klimaschutzkonzept erstellt hat, erfolgt die CO2-Bilanzierung – auch beim Bezug von Ökostrom – weiterhin auf Basis des bundesweiten Strommixes. Dieses Vorgehen halten wir für sehr sinnvoll.

 

4.    
Mit dem geplanten Baugebiet Giselbertstraße bieten sich großartige Möglichkeiten, die Potenziale der Energiewende zu realisieren. Es besteht aber die Gefahr, dass diese Chance aus Unwissenheit vertan wird.
Viele Maßnahmen der Energiewende sind an bestimmte bauliche Voraussetzungen gebunden, die schon zu Beginn der Planung berücksichtigt werden müssen. Ein energetisches Quartiers¬konzept mit Bürgerbeteiligung ist daher dringend erforderlich. Strombatterien für Solarstrom; Abwärme und Abfall sind wichtige Themen, die in einem solchen Konzept sinnvoll miteinander verknüpft werden sollten. Ferner könnte die Wärmeversorgung so konzipiert werden, dass sie zum Ausgleichen witterungs- oder verbrauchsbedingter Schwankungen im Stromnetz genutzt werden kann. Eine Voraussetzung dafür ist die Installation ausreichend großer Wärmespeicher mit hoher angeschlossener Nutzer-Anzahl. Auf der einen Seite könnten dann (Solar-/Wind-) Strom-Überschüsse in Wärme umgewandelt werden. Andererseits könnte ein Blockheizkraftwerk (BHKW) gezielt dann betrieben werden, wenn Strom im Netz benötigt wird. Die hierbei erzeugte Wärme könnte dann solange gespeichert werden, bis sie benötigt wird. (Anmerkung: BHKWs haben deshalb sehr hohe Wirkungsgrade, weil dort Wärme und Strom gleichzeitig erzeugt werden.)

Hersteller von Wärmepumpen haben großen Erfolg damit, die ökologischen Vorteile ihrer Produkte zu bewerben. Doch führt der Einsatz strombetriebener Wärmepumpen dazu, dass der Strombedarf insgesamt steigt, ohne dass das einen Effekt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien hat. Strombetriebene Wärmepumpen tragen dazu bei, dass an kalten, wind- und sonnenarmen Wintertagen vermehrt Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken benötigt wird. Die Buxtehuder Stadtwerke bieten im Wärmepumpentarif ohnehin keinen Ökostrom an. Lediglich bei gasbetriebenen Erdwärmepumpen kann von einem Umweltnutzen ausgegangen werden. Weiterführende Infos gibt es hier: www.energiesparen-im-haushalt.de und www.bauratgeber-deutschland.de

Die Unterbringung von Flüchtlingen stellt für Buxtehude eine große Aufgabe dar. Es wäre jedoch falsch, hier nur kurzfristig zu denken. Daher sollten bei baulichen Maßnahmen zur Unterbringung auch die Minimierung des Energieverbrauchs vorbereitet und mit geplant werden.

 

5.    
Beim weiteren Ausbau der Elektromobilität in Buxtehude ist zu prüfen, unter welchen Bedingungen dies einen positiven Effekt auf die Energiewende hat. E-Mobilität führt nämlich zunächst einmal dazu, dass der Strombedarf insgesamt steigt, ohne dass das einen Effekt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien hat. Weder die
Stadtwerke (SWB) noch der Atom- und Kohle-Konzern RWE (www), der die Buxtehuder Schnell-Ladesäulen betreibt, haben zufrieden-stel¬lende Informationen zu diesem Thema insgesamt oder zur Art des eingesetzten Ökostroms veröffentlicht.
Es besteht die Gefahr, dass E-Mobilität auch beim Bezug von Ökostrom indirekt den Absatz von Atom- und Kohle-Strom erhöht.  

6.
Im Übrigen möchten wir Sie auf die
„Anforderungen an die Buxtehuder Energiewende" (pdf) aufmerksam machen, die wir Ihnen vor einem Jahr übergeben haben und die noch immer relevant sind.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit für das Thema und würden uns freuen, wenn Sie die Belange der Energiewende weiterhin unterstützen. Dabei wünschen wir Ihnen auch für das neue Jahr 2016 ein gutes Gelingen.

Mit freundlichen Grüßen,


Info-Video des Öko-Instituts zur Energiewende

(Zum Wiederholen: links unterm Video-Bild auf den 3/4-Kreis klicken)

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